Einleitung
Automatisierte und autonome Fahrzeuge sind auf dem Vormarsch und versprechen eine sicherere und effizientere Mobilität. Doch wie kommunizieren sie mit anderen Verkehrsteilnehmern, insbesondere mit dem Fuß- und Radverkehr? Im Rahmen des Forschungsprojekts SALSA (Smarte, Adaptive und Lernbare Systeme für Alle) beschäftigen wir uns mit der Entwicklung und Optimierung externer Human-Machine Interfaces (eHMIs). Diese neuartigen Kommunikationsmöglichkeiten für selbstfahrende Fahrzeuge sollen eine intuitive und sichere Interaktion mit anderen, menschlichen Verkehrsteilnehmern ermöglichen. Ergänzend wird zudem die Notwendigkeit einer Verbindung der externen Kommunikation in den Innenraum des automatisierten Fahrzeugs betrachtet.
Zielsetzung des Themenbereichs eHMI in SALSA
Unser zentrales Ziel ist es, eine klare, verständliche und universell nutzbare Kommunikationsmethode für automatisierte und autonome Fahrzeuge zu entwickeln. Wir erforschen, wie eHMIs dazu beitragen können, dass automatisierte und autonome Fahrzeuge ihre Fahrabsichten und relevante Informationen eindeutig vermitteln können, um Missverständnisse und potenzielle Gefahrensituationen zu vermeiden. Dazu designt studiokurbos verschiedene Lösungsansätze. Zudem betrachten wir das Zusammenspiel von eHMIs mit weiteren Fahrzeugkomponenten und Aspekten. Die Hochschule der Medien (HdM) betrachtet beispielsweise, wie die explizite Kommunikation durch eHMIs mit der impliziten Kommunikation durch die Fahrzeugbewegung zusammenpassen kann. An der Uni Stuttgart wird das eHMI aus Sicht des Fahrzeugdesigns untersucht, um ein ästhetisches Erscheinungsbild zu gewährleisten. Ergänzend prüft INVENSITY, welche Anforderungen an die Sicherheit der Kommunikationssysteme bestehen. Um verschiedene eHMI Ansätze evaluieren zu können, entwickelt die Bundesanstalt für Straßen- und Verkehrswesen (BASt) erste Ansätze für eine Bewertungsmethode für eHMIs. Seitens Audi wird der Fokus speziell auf die Verbindung der nach außen gerichteten Kommunikation mit dem Innenraum und damit mit den Insassen des autonomen Fahrzeugs betrachtet. Durch die breite Aufstellung bei der Betrachtung des Themengebiets eHMI leisten wir einen wichtigen Beitrag zur allgemeinen Akzeptanz, Sicherheit und User Experience autonomer Mobilität für alle Verkehrsbeteiligten.
Vorgehensweise und Methodik
Um in SALSA die Interaktion und Kommunikation von automatisierten und autonomen Fahrzeugen mit anderen Verkehrsteilnehmern zu entwickeln, wurden an der HdM verfügbare Forschungserkenntnisse zu Verhaltensweisen im aktuellen und zukünftigen Straßenverkehr als mögliche Vorbilder analysiert. Zur Sammlung der bisherigen Forschungserkenntnisse haben die beteiligten Partner Literaturrecherchen zur Interaktion im heutigen Straßenverkehr, zu bestehenden eHMI-Konzepten und zu Problemszenarien im Straßenverkehr durchgeführt. Die Ergebnisse wurden in One-Pagern zusammengefasst und dienen als Basis für die Studienkonzeption und die Weiterarbeit im Projekt.
Um effektive eHMI-Lösungen zu entwickeln, haben wir eine umfassende Analyse bestehender und zukünftiger Kommunikationsbeziehungen durchgeführt und zwei zentrale Use Cases ausgewählt: Kreuzungsmanagement und Parken. Diese wurden entlang der Kriterien Information, Intention und Aufforderung kategorisiert, um eine fundierte Basis für ein neues Kommunikationsmodell zu schaffen.
Die methodische Grundlage bildet die Entwicklung von User Journey Maps und Personas durch studiokurbos, um spezifische Herausforderungen und Bedürfnisse zu identifizieren. Beispielsweise wurde eine blinde Fußgängerin als Persona entwickelt, um die Anforderungen an barrierefreie Kommunikation zu verdeutlichen. Ergänzt wird dieser Prozess durch zentrale Workshops.
In aktuellen Diskussionen der Partner zeigt sich, dass der Fokus für SALSA neben Fußgängern auch verstärkt auf Fahrradfahrer als Zielgruppe gelegt werden sollte, da diese schneller als Fußgänger im Verkehr unterwegs sind. Dies stellt besondere Anforderungen an die Kommunikation mit autonomen Fahrzeugen.
Neben der Betrachtung relevanter Use Cases und der Entwicklung von Use Journeys, werden außerdem Befragungen durchgeführt, um die Bedürfnisse der verschiedenen Nutzer (inkl. der Insassen des autonomen Fahrzeugs) besser zu verstehen. Audi wird dabei auch auf das interne Netzwerk und bestehende Daten zurückgreifen. Die Uni Stuttgart führt eine Probandenstudie durch, mit dem Ziel die Wichtigkeit der individuellen Gestaltungsmerkmale von eHMI abschätzen zu können. Nutzerbefragungen bilden die Grundlage für die weiteren Konzeptarbeiten und monatliche Abstimmungsrunden der Partner fördern die ganzheitliche Zusammenarbeit aus technischer, psychologischer und designerischer Sicht.
Um Vertrauen der Öffentlichkeit und klare Kommunikation von eHMI zu fördern, wird von INVENSITY eine umfassende Analyse bezüglich der Sicherheit von eHMI durchgeführt. Untersucht werden die Kommunikationsmechanismen zwischen automatisierten Fahrzeugen und anderen Verkehrsteilnehmern. Bestehende Sicherheitsstandards wie ISO 21448 (Safety of the Intended Functionality, SOTIF) und ISO/TR 4804 (Road vehicles – Safety and cybersecurity for automated driving systems) werden analysiert, um daraus konkrete Sicherheitsanforderungen und Designempfehlungen abzuleiten. Parallel dazu werden Empfehlungen zur Anpassung der Straßenverkehrsordnung (StVO) entwickelt, um die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Integration von eHMI zu schaffen.
Forschungsansätze und Lösungsentwicklung
Basierend auf den Ergebnissen der Use-Case-Analyse befinden wir uns aktuell in der Konzeptionsphase, um konkrete Anzeige- und Bedienkonzepte zu entwickeln.
studiokurbos hat bereits erste konzeptionelle Vorschläge für die visuellen Kategorien Form, Farbe und Licht erarbeitet. Diese dienen als Grundlage für weitere Diskussionen und Optimierungen.
Die Literaturanalysen wurden ergänzt um eine qualitative Beobachtungs- und Interviewstudie der HdM in San Francisco. Dort sind bereits aktuell flächendeckend sogenannte Robotaxis des Anbieters Waymo in den Straßenverkehr integriert. Untersucht wurden die Nutzeranforderungen und Bedürfnisse von Verkehrsteilnehmern im Mischverkehr.
Visualisierung und Prototyping
Zur Veranschaulichung der Konzepte erstellen die Designer von studiokurbos 3D-Visualisierungen mit Blender. Die Visualisierungen dienen nicht nur zur Illustration, sondern auch als Grundlage für weitere inhaltliche Diskussionen mit den Partnern.
Neben Visualisierungen von studiokurbos und Low-Fidelity Prototypen der HdM sollen die Konzepte zur Verbindung von Außen(licht)kommunikation und Innenraum von Audi auch prototypisch umgesetzt werden. Darauf aufbauend werden Studien zur Evaluierung geplant, umgesetzt und ausgewertet.
Evaluierung
Die eHMI Low-Fidelity Prototypen werden in einer empirischen Nutzerstudie im Fahrsimulator evaluiert und nutzerzentriert weiterentwickelt. In folgenden Untersuchungen unter wissenschaftlichen Standards werden die Prototypen konsequent für das Erleben außenstehender Verkehrsteilnehmer verbessert, indem die Studienbedingungen an die einer Realsituation angeglichen werden.
Mit den Designs von studiokurbos sind an der Uni Stuttgart mehrere Studien zur Evaluierung der Konzepte geplant. Hierzu wird auch ein VR-Fahrsimulator an der Uni Stuttgart verwendet, der ein immersives Erleben der Konzepte in realistischen Verkehrsbedingungen ermöglicht. Die Erkenntnisse aus den Nutzerstudien werden verwendet, um die Konzepte iterativ zu überarbeiten und zu optimieren.
Mittels einer Probandenstudie testet die BASt erste Ansätze für eine Bewertungsmethode für eHMIs, um zukünftig eHMI-Konzepte zur Kommunikation mit anderen Verkehrsteilnehmenden evaluieren zu können.
Integration in das SALSA-Projekt
Unsere Forschungsansätze im Bereich der externen Kommunikation sind eng mit den Zielen des SALSA-Projekts verknüpft. Durch die Verbesserung der Mensch-Maschine-Interaktion tragen wir zur Erhöhung der Verkehrssicherheit, Verständlichkeit und Akzeptanz autonomer Fahrzeuge bei. Das Zusammenspiel mit den HMI-Angeboten im Fahrzeug bildet die Brücke zwischen Innen und Außen, zwischen Interieur und Exterieur. Die erarbeiteten Konzepte und Visualisierungen werden in gemeinsamer Zusammenarbeit mit den Projektpartnern kontinuierlich weiterentwickelt und diskutiert, um eine optimale Umsetzung im realen Straßenverkehr zu ermöglichen.
Fazit und Ausblick
Die Kommunikation zwischen autonomen Fahrzeugen und nicht-autonomen Verkehrsteilnehmern ist ein zentrales Element für die erfolgreiche Integration autonomer Mobilität. Unsere laufenden Forschungen im Rahmen von SALSA legt den Grundstein für innovative eHMI-Konzepte, die Transparenz, Vertrauen und Sicherheit im Straßenverkehr stärken. Die entstehenden Konzepte und Studienergebnisse werden auf dem SALSA-Halbzeitevent und der Abschlussveranstaltung am Projektende sowie laufend über unsere Kanäle der Öffentlichkeit präsentiert.
Wir danken allen Partnern für ihre Unterstützung und freuen uns auf die nächsten Schritte im SALSA-Projekt!